Es ist Herbst geworden und alle haben rund um das Holzhaus viel zu tun. Alles muss winterfest gemacht werden, damit der erste Schnee Hans und die Tiere des Waldes nicht unvorbereitet überrascht. Lois und Maxl bauen die letzten Winterschlafstellen, Anna sammelt fleißig Nüsse und Gidi, der sich mittlerweile einen tollen Ruf als unermüdlicher und verlässlicher Freund gemacht hat, liefert viele Dinge im Wald aus.
Die Tage werden kürzer. Auch regnet es öfter, aber Hans und den Tieren macht das nichts aus, denn jetzt haben sie mehr Zeit, im warmen Holzhaus beisammenzusitzen und sich Geschichten zu erzählen. Ja, liebe Kinder, besonders viel hat natürlich die weise Uhu-Dame Christa zu berichten, denn sie kennt allerlei Interessantes über die Menschen.
„Vor ein paar Wochen“, beginnt sie eines Abends, „habe ich gesehen, wie die Menschen im Stadl ein Fest gefeiert haben mit vielen Blumen, Kürbissen, Früchten, Brot und Getreidekränzen. Das war ein buntes Treiben mit Volksmusik und Tanz. Die Menschen haben gelacht, gefeiert und vielfach durchsichtige Flüssigkeiten getrunken und immer wieder ,G’sundheit! Prost, alle miteinander!‘ gerufen.“
„Ja, liebe Christa, das wird wohl das Erntedankfest gewesen sein“, sagt Wurzel Hans und lächelt dabei. „Das feiern die Menschen, weil sie vom Frühling bis zum Sommer so viel gearbeitet haben. Wenn dann der Herbst beginnt, genießen sie die Früchte ihrer harten Arbeit und feiern dieses schöne Volksfest. Ich war auch oft dabei. Viele dieser reichen Gaben werden an Menschen verschenkt, die nicht so viel zu essen haben, und auch an deren Tiere. Aber nun wohne ich ja hier bei euch im Wald, da trinken wir keine durchsichtigen Flüssigkeiten – also Schnaps – und prosten uns dabei zu.“
Während alle gespannt den Geschichten rund um das Erntedankfest lauschen, merkt das Kitz Tini, wie Hansei immer wieder verträumt lächelnd aus dem Fenster sieht, als würde er in wunderbaren Erinnerungen schwelgen.
Später am Abend, als sich alle verabschieden, flüstert Tini den anderen Tieren verschwörerisch zu: „Lasst uns gleich beratschlagen, wie auch wir solch ein Erntedankfest hier im Wald feiern können.“
Als Hans fest schläft und sich sein dicker Bauch gleichmäßig auf und ab bewegt, während er laut schnarcht, klappen die Tiere ganz vorsichtig und leise seine Fensterläden zu. Sie wollen sich absprechen, ohne dass ihr Freund am Fenster lauschen und ihre Pläne mitbekommen könnte. Bis tief in die Nacht beratschlagen sie gemeinsam, auf welche Weise sie den alten Mann überraschen wollen.
Gleich am nächsten Tag geht es los. Lois und Maxl haben die Aufgabe bekommen, auf der Lichtung des Waldes eine große Tafel aus Erde und Holz zu bauen, und Gidi soll mit Tini gemeinsam bunte Blätter für die Dekoration sammeln. Das Kitz hat so viel Freude daran, die zahlreichen bunten Blätter direkt auf die Stacheln des kleinen Igels zu spießen, dass Gidi bald aussieht, als wäre er selbst die Dekoration. Liebe Kinder, stellt euch einmal einen bunten Blätterigel auf einem Roller vor! Alle Tiere lachen über diesen Anblick, doch Gidi stört es ganz und gar nicht, schließlich meint es keiner böse.
Gemeinsam sammeln sie Beeren, Pilze, Eicheln, Kastanien und Heu für das Festmahl. Besonders fleißig ist Anna. Das Eichhörnchen kann extraviel Futter in seiner bunten Tragetasche transportieren, die Hansei und Christa für sie gebastelt haben. Die anderen Eichhörnchen helfen ihr natürlich dabei, auch wenn sie nach wie vor ein bisschen neidisch auf Anna sind. Sie möchten ja alle gerne selbst eine Tragetasche haben.
Zwischendurch hopst das quirlige Eichhörnchen immer wieder zu Hanseis Holzhäuschen, um aufzupassen, dass der alte Mann nicht zufällig in die Richtung der Waldlichtung geht. Als Anna so auf ihrem Beobachtungsposten sitzt, bemerkt sie auf einmal, dass der alte Mann schon wieder etwas Neues baut. Wisst ihr, Kinder, dem Wurzel Hans ist nämlich ein bisschen langweilig geworden, weil alle seine Freunde so beschäftigt sind und keiner ihn holt oder um Hilfe bittet. Also bastelt Hans für sich allein an einem neuen Holzding.
Das Eichhörnchen kann sich keinen Reim darauf machen, was für ein Gegenstand das werden soll, und da Anna irrsinnig neugierig ist, holt sie Lois herbei. Der schlaue Fuchs soll herausfinden, was der alte Mann da zusammenzimmert – aber sogar Lois ist diesmal ein wenig ratlos.
„Es sieht aus wie sein eigenes Holzhäuschen – nur eben in winzig“, erzählt der Fuchs später den anderen Tieren, Christa aber lacht und sagt: „Ich weiß es. Das wird ein Vogelhäuschen. Damit die Vögel, wenn es kalt wird und anfängt zu schneien, etwas zu fressen haben.“
Maxl, der schnellste aller Füchse, nimmt Anna auf seinen Rücken und ganz flink sammeln die beiden Futter für die Vögel. In wenigen Stunden haben sie 5 Tragetaschen voll mit Vogelfutter gesammelt und schaffen es in ein Versteck bei der Lichtung, damit Wurzel Hans es nicht entdecken kann und die wunderbare Überraschung auffliegt.
Es ist Vollmond. Sämtliche Vorbereitungen für das Fest sind erledigt und die Tafel auf der Lichtung ist feierlich gedeckt. Das Kitz Tini schickt die anderen Tiere zum Baden, damit sie auch alle ordentlich aussehen. Gidi muss sogar zweimal in den Bach, weil in seinen Stacheln noch viele Blätterfetzchen hängen und er anfangs ein bisschen schummeln wollte: Er hat nur den kleinen Zeh ins Wasser gehalten! Am Ende hilft ihm sogar Klara, die hübsche Eichhörnchendame, und zieht alle verbliebenen kleinen Blätterreste vorsichtig von Gidis Stacheln.
Nach dem Bad schmücken sich alle Tiere mit Ketten aus Eicheln, Kastanien und bunten Blättern und marschieren gemeinsam zum Holzhaus des alten Mannes mit dem struppigen grauen Bart. Die anderen Eichhörnchen sind ebenfalls eingeladen, schließlich haben ja auch sie fleißig beim Sammeln geholfen. Lois und Maxl verbinden dem ahnungslosen Hans die Augen und führen ihn zur Lichtung. Dort angekommen, befreit Tini ihren Freund von seiner Augenbinde. Die Überraschung ist den Tieren gelungen, und Hansei findet vor Glück gar keine Worte. Dicke Freudentränen kullern über sein Gesicht. So viele, dass der ganze Bart nass wird.
Als die Tiere dann auch noch Wurzel Hans das gesammelte Vogelfutter überreichen, ist der alte Mann total gerührt und glücklich. Er drückt alle Tiere ganz fest an sich und bedankt sich bei ihnen.
„Ich habe euch alle so lieb!“, sagt er und flüstert Anna ins Ohr: „Morgen Früh, wenn die Sonne aufgeht, kommst du mit den anderen Eichhörnchen zum Waldhaus. Ich habe für jedes Eichhörnchen eine Tragetasche gebastelt. Sie werden sich bestimmt freuen. Bitte bringt auch alle Vögel des Waldes mit, damit sie ihr neues Vogelhäuschen einweihen können.“
Nun aber feiern alle gemeinsam. Sie essen und trinken, und bis spät in die Nacht hinein wird gesungen, getanzt und gelacht. Nur Hans traut sich nicht, zu tanzen. Er schaut bloß zu und denkt: Na, dazu bin ich schon ein bisschen zu alt. Aber da kommt Tini und fordert ihren zweibeinigen Freund zu einem kleinen Ehrentänzchen auf. Da kann nun auch Hansei nicht widerstehen und „Heißa, heißa, trallala!“ drehen sich alle im Zauber der Musik im Kreise.